Falco Biographie

 

„der wiener rock- und rap-charismatiker war einer der eigensinnigsten charakterköpfe der österreichischen künstlerszene. einer der ganz wenigen, der als wiener zugleich auch weltgewandter bewohner des global village war. der einzige, der sich erfolgreich um eine verbindung von popmusik und dichtung bemüht hat. hölzel hat mit der erfindung der kunstfigur falco, lange vor prince, eine chiffre für das gnadenlose helter-skelter des virtuellen identitätsspiels geschaffen und ist damit weltweit zum pionier moderner medien-icons geworden. hinter der kühlen schale des einsamen egomanen und stolzen raubvogels hat sich ein warmherziger und, wenn es darauf ankam, auch engagierter helfer verborgen, dessen heimliche liebe die poesie war. selbstlos und ohne viel aufhebens davon zu machen, hat er für die schule für dichtung sponsorenkontakte gepflegt und durch ein benefizkonzert wesentlich dazu beigetragen, daß sie finanziell überleben konnte[…]

für die sfd christian ide hintze, wien 7.2.98“

 

Johann Hölzel wird am 19.Februar 1957 in Wien geboren. Nach der Trennung seiner Eltern wächst er bei seiner Mutter auf. Eine enge Beziehung verbindet die beiden sein Leben lang.
 

„Ich habe keine Familie, mit meinem Vater verstehe ich mich nicht besonders gut. Meine einzige Familie ist meine Mutter[…]“(Falco, letztes Interview)
 


 

Die Musik scheint Hans Hölzels Bestimmung zu sein. Als Fünfjähriger spielt er Klavier, zu Schulzeiten steht sein Berufsziel fest, er möchte „Popstar“ werden. Mit 16 verlässt er die Schule und schreibt sich für ein halbes Jahr am Wiener Musikkonservatorium ein. Sein Professor nennt ihn einen kleinen Mozart, er besitze ein außergewöhnliches, absolutes Gehör.

Ab 1977 nennt Hans Hölzel sich Falco, inspiriert durch den ostdeutschen Skispringer Falko Weißpflog. Er spielt Bass in der „Hallucination Company“. Im Anzug und mit gegeltem Haar steht er eines Tages vor seinen Bandkollegen und bittet sie, ihn ab sofort als „Falco Gottära“ anzukündigen. Drei Tage später verzichtet er auf den Beinamen, er sei wohl doch etwas „zu dick“. Bei Falco sollte es bleiben.

 

„Das gefallt mir, so stell ich mir das irgendwie vor. Hab’ keine Ahnung, wie das weitergehen wird, zumindest so!“ (Falco 1990)

 

Falco spielt Bass in der Wiener Kommerzband „Spinning Wheel“. Er schwärmt für David Bowie und beginnt selbst zu singen. Bei der Band „Drahdiwaberl“ zunächst nur in der Rolle des Pausenfüllers. Sein Song Ganz Wien über die Wiener Drogenszene wird 1982 zum Hit. Von Plattenchef Markus Spiegel erhält Falco noch im selben Jahr seinen ersten Solo- Plattenvertrag. Das erste Album Einzelhaft erscheint 1982. Falcos deutsch-englischer Sprechgesang kombiniert mit sarkastischen, intelligenten und poetischen Texten ist eine Innovation in der Musikwelt. Der Kommissar stürmt, getragen von der Neuen Deutschen Welle die Charts und wird auch zum New Yorker Clubhit.

 

„Wenn jemand meine Arbeit verfolgt, dann weiß er ohnedies, dass ich von Anfang an very emotional war und dass das an sich nur ein Fahren auf dem Zeitgeistexpress war, auf den ich nicht aufgesprungen bin, sondern den ich ja zu einem gerüttelt Maß mit selbst produziert habe.“ (Falco 1986)

 

1984 folgt das Album Junge Römer. Obwohl die Kritiker das Album als verkannten Geniestreich hochschätzen, kann Falco nicht an den Erfolg des Debütalbums anschließen. Der Erfolg kommt ein Jahr später mit dem Album Falco 3 und ist überwältigend. Falcos Persönlichkeit sowie sein musikalischer Stil sind revolutionär neu, facettenreich, nicht kategorisierbar.

 

„Es war halt noch nicht da, dass es so einen bunten Vogel gegeben hat wie mi.“ (Falco 1986)
 


 

Der Titel Rock me Amadeus wird zur Sensation. Er führt die deutschen, österreichischen, englischen und japanischen Charts an. Erstmals wird mit „Rock me Amadeus“ ein deutschsprachiger Titel Numer 1 der amerikanischen Charts. Und während die österreichische Musikszene den Erfolg feiert sitzt Falco traurig mit Freunden in einem Wiener Lokal. Hinter der charmant präpotenten und kaltschnäuzigen Fassade der Kunstfigur Falco verbirgt sich die Person Hans Hölzel, sensibel und selbstzweiflerisch. Sein erster Gedanke auf dem Höhepunkt seiner Karriere ist 'das werde ich nie mehr schaffen', den Nummer 1 Erfolg empfindet er als große „Belastung“ (Falco 1990).

Die Single Jeanny wird zum Skandal. Das Lied sei Gewalt verherrlichend und wird von den Radiosendern boykottiert. Falco schmunzelt über die Kleinkariertheit der Medienvertreter, das Lied sei als ein Liebeslied konzipiert, die verdorbene Phantasie hätten die Verächter des Liedes, die ein Verbrechen hineininterpretierten. Das Verhältnis der Presse zu Falco bleibt gespannt. Das Interesse der Medien gilt den Skandalen eher als der Musik.

 

„I bin an Unangepasster in einem angepassten Geschäft.“ (Falco 1992)

 

Der Erfolg und mit ihm der Erwartungsdruck wachsen zu schnell. Alkohol- und Drogenexzesse werden zum Thema in den Medien.

 

„Schauen Sie, ich hab’ zugegebenermaßen und ich sag das so, weil das ist ein Bestandteil meines Lebens und auch unseres Lebens, wenn man sich umschaut, eine gewisse Affinität zu jeder Art von Dingen, denen man sich mit Exzess hingeben kann. Man ist von einer Sekunde auf die andere aufgefordert auf 180 zu sein und man sucht ein gewisses Level der Entspannung und das bringt der Beruf mit sich.“ (Falco 1992)

 

1986 erscheint das Album Emotional und Falco heiratet Isabella Vitkovic. Die Tochter Katharina-Bianca kommt zur Welt. Hans Hölzel ist glücklich und stolz.
 


 

„Wenn Du irgendeinen Vater auf der Welt frägst, ob ihn sein Kind nicht verändert hat oder ob sein Kind ihn verändert hat und er sagt das hat mich nicht verändert, dann lügt er. Dann ist er entweder ein stumpfer Mensch oder ein Lügner.“ (Falco 1986)

 

Die Ehe scheitert. Hans Hölzel, der, so sein Freund Billy Filanowski, sich sein Leben lang nach einer Familie und einem Zuhause sehnte, muss den größten Schock seines Lebens verkraften. Er erfährt, dass er nicht der Vater von Katharina-Bianca ist.

Die Alben Wiener Blut (1988) und Data de Groove (1991) bringen den Ruhm der 80er nicht zurück. Der Erfolg kommt 1992 mit dem Album Nachtflug. Es wird Platz 1 in Österreich und hält sich wochenlang in den Charts. An Falcos Seite lebt eine neue Frau, Sylvia Wagner, er wird sie später die beste Frau, die er je hatte, nennen. 1993 gibt Falco ein Konzert beim Donauinselfest in Wien. Er begeistert 150.000 Zuschauer, die trotz Gewitter und im strömenden Regen vor der Bühne ausharren. Falco ist wieder ganz oben.

1995 veröffentlicht er die Techno- Single Mutter, der Mann mit dem Koks ist da und schafft es auf die Playlist von Viva. Im selben Jahr leitet Falco eine eigene Klasse an der Wiener Schule für Dichtung zu dem Thema „Schreibt Falco Texte, wenn ja, wie?“
 


 

Er ist befreundet mit Christian Ide Hintze, der die Schule leitet. Gemeinsam arbeiten die beiden an Gedichten, sprechen sich gegenseitig Ideen auf den Anrufbeantworter. Hans Hölzels wahre Liebe, so Hintze gilt der Poesie, seine Helden sind H.C. Artmann, Ernst Jandl, Gerhard Rühm, Allen Ginsberg und Walter Serner.

 

„Was mich fertig macht seit 20 Jahren ist, dass unser Geschäft Schall und Rauch ist. Ich beneide die Maler, hab viele Freunde, die Maler sind, ich beneide die Literaten, die schreiben Bücher, das haben sie in der Hand. Was wir machen ist Schall und Rauch. Der letzte Ton ist verklungen, die Leute geh’n nach Haus und das war’s dann irgendwie.“(Falco, letztes Interview)

 

 

1996 verlässt Falco Österreich und verlegt seinen Wohnsitz in die Dominikanische Republik. Dort arbeitet er an seinem neuen Album. Er hat große Pläne, möchte ein Tonstudio einrichten.
 


 

Sein Comeback erlebt er nicht mehr. Am 6. Februar 1998 kommt Falco bei einem Autounfall in der Dominikanischen Republik ums Leben. Sein Album erscheint im selben Jahr unter dem Titel Out of the Dark und wird ein großer Erfolg.

Mit Falco verliert Österreich seinen einzigen Popstar, einen großen und oftmals unverstandenen Künstler, der seiner Zeit häufig voraus war. Sein Leben verlief im Wechsel von Höhen und Tiefen. Die Doppelexistenz der charismatischen arroganten und coolen Kunstfigur Falco und dem sensiblen Menschen Hans Hölzel forderte ihren Tribut. Die musikalischen Erfolge waren die eine Seite dieses Lebens. Persönliche Krisen, Selbstzweifel, Alkohol, Drogen und wechselnde Beziehungen zu Frauen die andere.

 

„Ich bewege mich immer auf einem Drahtseil irgendwie, also zwischen Sein und Nichtsein, zwischen Absturz und Aufstieg, dazwischen gibt’s irgendwie nix. Und cool genug bin ich nicht, das so rüberzubringen, dass das einer versteht, dass also das mein Job ist, ein Grenzgänger zu sein, der also durchaus auch immer wieder mit seinem Leben spielt und mit seiner Identität spielt und mit seiner ganzen Aussagekraft, die er hat, ein anderer ist und dann auf einmal wird er der und sagt: 'Was glauben sie denn überhaupt' und das ist zweifelsohne für eine Frau, die sicherlich in anderen Sicherheitsfaktoren denkt und in anderen emotionalen Ebenen denkt, stell ich mir vor, nicht leicht.“ (Falco 1997)
 


 



Einen sehr persönlichen Einblick in die ambivalente Persönlichkeit Falcos eröffnet das Buch „Falco, Hoch wie nie.“ Von den Videoproduzenten Rudi Dolezal und Hannes Rossacher verfasst, erzählt es die Lebensgeschichte eines facettenreichen Menschens.
 

“Er begann als Bassist in einer Wiener Underground-Band und wurde zur Nummer eins in Amerika. Falco, der einzige internationale Pop-Star Österreichs. Doch die Geschichte des Falken ist mehr als die Story einer außergewöhnlichen Musikkarriere. Es ist die Lebensgeschichte einer zwischen Kunstfigur und Mensch zerrissenen Persönlichkeit.Das DoRo-Buch gibt sich nicht damit zufrieden, die vielen verschiedenen Masken eines überaus charismatischen Künstlers zu beschreiben. Es erzählt, was diese Masken verbargen. So schillernd die öffentliche Figur Falco zwischen Welterfolg und Skandalen auch war, die wahre Faszination liegt unter der Oberfläche, die dem Menschen Hans Hoelzel als Versteck dienten."Falco - Hoch wie nie" ist ein Buch voller Kontraste. Es handelt von rasantem Aufstieg und illustrem Absturz. Von der Schnellebigkeit einer verrückten Branche und von der Zeitlupe abseits der Erfolge. Vom Jubel und der Stille danach. Es erzählt von Frauen und Einsamkeit. Von gelebten Träumen und wahren Sehnsüchten. Es beschreibt das Niemandsland zwischen Selbstüberschätzung und Zweifel. Und es geht um einen tragischen Unfall, bei dem Hans Hoelzel starb, während Falco zur Legende wurde.“

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